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Interview mit Stephen Desberg
desbergWelche Überlegungen haben Sie dazu gebracht, gemeinsam mit Henri Reculé Cassio ins Leben zu rufen?

Wir haben uns gefragt, was wir nach „Das letzte Dschungelbuch“ machen wollen. Henri ist von Ägypten begeistert und ich vom Römischen Reich. Wir haben also einen Kompromiss gemacht. Ich hatte Gelegenheit, nach Ägypten zu reisen, ich liebe ihre Zivilisation und ihre Geschichte. Aber das Problem für eine Geschichte ist, dass es ein hauptsächlich in sich selbst zentriertes Königreich war. Wenn man also in dem Rahmen eine Geschichte schreibt, ist es sehr schwer, da heraus zu kommen. Ihre Mythologie ist faszinierend, aber sehr aufdringlich und das hat mir etwas Angst gemacht, auch wenn ich natürlich das graphische Interesse sehr gut verstehe.

Und was interessiert Sie so sehr am Römischen Reich?

Ich wollte schon immer eine Geschichte in der Atmosphäre entwerfen. Für „Cassio“ habe ich freiwillig eine Blütezeit des Römischen Reichs gewählt. Antonius Pius ist der letzte Kaiser, der den Kriegen mit den Barbaren keinen Teil seiner Herrschaft opfern musste. Ich wollte die Zeiten der großen Brüche, wie die Herrschaft von Caligula oder Nero, die schon oft behandelt wurden, vermeiden. Ich interessierte mich sehr für den ökonomischen Aspekt der Dinge. Wenn man genau hinguckt, sieht man, wie ausschlaggebend der finanzielle Aspekt im Leben des Reichs war. Rom bot ein Stadt- und Verwaltungsmodell als Gegenleistung für eine Steuer, die den Unterhalt der Armee ermöglichte, was den Frieden im ganzen Gebiet garantierte. Es gab eine Art „Vertrag“ zwischen Rom und den Grundbesitzern, was letzteren ermöglichte, ihren Reichtum zu behalten. Das war die „pax romana“.

Daher ein gewisses Gefühl der Straffreiheit, das durch einen Charakter wie Livion illustriert wird?

Ja, absolut, alles dank dieses „Vertrages“. Cassio wächst vor diesem Hintergrund auf, aber er entdeckt nach und nach die weniger schönen Aspekte. Er ist ein Charakter, der als Mischling meinen und Henris persönlichen Parcours mitfährt: Er ist Erbe von zwei Kulturen und das verleiht ihm einen etwas anderen Blickwinkel auf das Römische Reich. Er ist typisch für meine Charaktere, die keine Lust haben, sich ein Weltbild aufdrücken zu lassen. Sie möchten ihren eigenen Weg finden. Dafür bringt er mit seiner Heilkraft ein bisschen Mystik , die normalerweise in meinen Werken fehlt... Wir befinden uns in einer antiken Welt, in der das Wunderbare den Menschen noch sehr nah war. Seltsame Dinge können eine gewisse Realität erhalten, wenn die Menschen daran glauben. Wenn ich in einem historischen Kontext schreibe, versuche ich immer, mich zu fragen, wie die Leute lebten. In dieser Epoche kamen viele rivalisierende mystische Kulte miteinander in Kontakt. Es geht nicht um das Fantastische im klassischen Wortsinn, sondern eher darum, was die Leute in ihr Leben integrierten. Ich wollte eine Serie, wo man mehr von der Epoche als von der Geschichte selbt sprechen würde!

Interview @ Le Lombard
Übersetzung: Johanna Stehr


villa

Stephen Desberg, geboren 1954 in Brüssel, fing ab 1976 mit Comics an und schrieb kurze abgeschlossene Geschichten für die Zeitschrift „Tintin“, verlegt von Le Lombard. Jedoch fängt er seine Karriere als professioneller Autor erst 1978 an. Seitdem hat er nicht geruht und ging mit Leichtigkeit vom Humor (Billy the Cat) über zu Abenteuer (Der Skorpion, I.R.$.), von Fantasy (Mayam) zur romanhaften Saga (Le sang noir). In seinen Werken finden sich tiefgründige Themen, wie die Überlegung über die Natur der Vereinigten Staaten, seines Herkunftslandes (Black OP, Tosca, Empire USA), religiöse Mythen (Die Unsterblichen), die Beziehung zwischen Kulten und Macht (Der Skorpion, Mayam) oder die tiefe Natur und die Zukunft der Menschheit (Sperrfeuer). Er schließt sich heute wieder mit Henri Reculé (Die Unsterblichen, Das letzte Dschungelbuch) zusammen und erweitert mit Cassio sein Spektrum um historische Thriller!

Ein Interview mit und ein Portrait von Henri Reculé findet Ihr in Zack 115.


Special vom: 20.12.2008
Autor dieses Specials: Mosaik Steinchen für Steinchen
Die weiteren Unterseiten dieses Specials:
Cassio - Der erste Mörder
Empire USA
Im Gespräch mit Sato
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