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Comic-Besprechung - Siebengestirn 4: Blinder Schütze

Geschichten:
Septentryon: Tireur Aveugle
Autor und Zeichner:
André Houot
Farben: Jocelyne Charrance

Story:
Chronover hat nach den unerfreulichen Ereignissen im dritten Band einen neuen Verbündeten gefunden. Gemeinsam machen sie sich auf die Suche nach Siebengestirn und finden dabei auch die Gruppe wieder, die Chronover in Band 1 gerettet hatte. In einer alten russischen Werft finden sie ein Unterseeboot, das ihnen dabei helfen soll zu Siebengestirn zu gelangen...

Meinung:
Die Glaubwürdigkeit einer Science Fiction-Welt hängt – insbesondere wenn sie auf der Erde verankert ist – stark von den zeitlichen Dimensionen ab, die zwischen dem Jetzt und der Zukunft liegen. Star Trek beispielsweise spielt im 23. und 24. Jahrhundert. Geht man von den Entwicklungen der letzten 150 Jahre aus, ist es zumindest nicht ganz unwahrscheinlich, dass 200 Jahre später eine so fantastische Welt bestehen kann. Oft lassen Autoren aber auch die Zeitangaben in der Zwischenzeit weg. Denn wenn man zum Beispiel den Klassiker „2001: Odyssee im Weltraum“ heranzieht, dann wird mit Blick auf den Kalender gleich klar: Da hat die Zeit die Zukunftsvision überholt.

Houot war bei Siebengestirn bis Band 4 sehr ungenau geblieben, was die zeitlichen Abläufe anbelangt. Es hätten aber durchaus ein paar Jahrhunderte zwischen unserer Zeit und seiner Zukunftsvision liegen können. Wenn man die technischen Entwicklungen, die Mutationen und fremdartigen Wesen, die die Erde nun bevölkern als Maßstab heranzieht, dann kann selbst eine Verseuchung nicht dafür gesorgt haben, dass es so schnell hätte gehen können. Zumal eine postapokalyptische Welt eher nicht dazu in der Lage ist technische Entwicklungen in einer schnellen Abfolge anzustoßen. Dafür benötigt man einfach eine gewisse Wirtschaftsmacht. Außerdem wurden etliche Bauten ganz offensichtlich auf dem früheren Meeresboden errichtet und sind wieder verfallen. Auch dies ist ein Zeichen für einen längeren Zeitraum, der seit der Apokalypse vergangen sein muss.

Auftritt Gorby. Der neue Freund von Chronover erzählt locker daher, dass sein Ur-Großvater 1986 durch die Weltmeere als Soldat der russischen Flotte schipperte. Nun rechnen wir einmal nach. Angenommen sein Großvater war gerade geboren, als sein Ur-Großvater zur See fuhr und eine Generation 30 Jahre dauert, sowie angenommen, dass Gorby 30 Jahre alt ist, als er dies sagt, sind also 90 Jahre seit 1986 vergangen. Wir befinden uns also im Jahr 2076. Das sind von jetzt an gesehen gerade einmal 63 Jahre. Selbst wenn man noch bedenkt, dass der Comic 2004 entstanden ist, wären dies gerade einmal weitere 9 Jahre mehr Abstand zur Gegenwart, also 72 Jahre. Nun müssen wir noch hinzubedenken, dass Chronover in Band 3 angedeutet hat, dass er an der Apokalypse mit beteiligt war. Schätzungsweise ist er Anfang 60. Er wird vermutlich Mitte 20 gewesen sein, als die Apokalypse ausgebrochen ist. Rechnen wir weiter bedeutet das, dass die Apokalypse irgendwann um das Jahr 2036 stattgefunden haben müsste. Betrachten wir nun alle Veränderungen, die in knapp 40 Jahren angeblich hätten stattfinden müssen, kommen wir zu dem Ergebnis, dass all dies ziemlich unwahrscheinlich ist. An dieser Stelle bricht Houots fein gesponnene Zukunft komplett auseinander. Science Fiction bedeutet eben auch, dass diese Zukunft stattfinden kann und eine gewisse wissenschaftliche Basis vorhanden sein sollte. Houot wäre besser beraten gewesen keine Daten zu nennen.

Das ist aber nicht das Einzige, was am Abschlussband ärgerlich ist. Viel schwerer wiegt, dass Houot einen Abschluss gewählt hat, der so unbefriedigend wie selten ist. Vielleicht kann man diesen Abschluss mit der berühmten Traum-Season aus Dallas vergleichen. Der Leser sitzt vor dem Band und ist versucht mit dem Kopf gegen die nächste Wand zu rennen. Da wartet man nun sehnsüchtig darauf zu erfahren was Siebengestirn ist, wie es ganz konkret aussieht, was damit angestellt wird. Und dann wird all dies auf mageren vier Seiten des Bandes abgehandelt. Es ist ein Ende mit Schrecken, ein Cliffhanger, wie bei einer von einem US-Sender abgewürgten TV-Serie. Ganz scheint es so, dass Houot diese Serie auf Kosten aller zu Ende bringen wollte, keine Lust mehr hatte weiter zu schreiben.

Nun könnte man anfangen das Ende zu interpretieren. Dass es eben doch keine schöne Zukunft außerhalb der apokalyptischen Welt gibt. Dass der Traum zerplatzt und die Realität zurückkehrt. Aber das wäre Schönrederei eines vollkommen deplatziert wirkenden Endes.

Dieses negative Ende überstrahlt letztendlich alles. Denn der vierte Band ging gar nicht schlecht los. Die weitere Reise mit Chronover und Gorby ist interessant erzählt. Die Zusammenkunft mit der Gruppe aus Band 1 macht Sinn. Ebenfalls die Zusammenarbeit zwischen all diesen Personen. Das ist gut erzählt. Und es ist schade drum, dass sie so unbefriedigt zurück gelassen werden. Und auch die Zeichnungen sind weiterhin eine Klasse für sich. Aber all das zählt letztendlich nicht. Es bleibt am Ende eine unvollendete Geschichte mit großen Fragezeichen. Houot hat hier massiv viele Chancen vertan.

Fazit:
Was hat sich Houot bloß bei diesem Ende der Serie gedacht? Das Grauen hat jedenfalls einen Namen bekommen: Siebengestirn. Und der Untertitel ist ein Synonym für den letzten Band: Ein blinder Schütze hat einen Blindgänger verursacht.

Siebengestirn 4: Blinder Schütze - Klickt hier für die große Abbildung zur Rezension

Siebengestirn 4: Blinder Schütze

Autor der Besprechung:
Bernd Glasstetter

Verlag:
Splitter Verlag

Preis:
€ 13,80

ISBN 13:
978-3-86869-330-0

48 Seiten

Bewertungen unserer Redaktion und unserer Leser

Positiv aufgefallen
  • Gute Zeichnungen
Negativ aufgefallen
  • Mehr als nur bescheidenes Ende
Die Bewertung unserer Leser für diesen Comic
Bewertung:
4.67
(9 Stimmen)
Bewertung
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Rezension vom: 29.01.2013
Kategorie: Siebengestirn
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